Was kann ein Computer für ein 13-jähriges Mädchen in Malawi bedeuten?

Er kann bedeuten, Zeit für sich selbst zu haben.
Im Computerraum an der St. Mary’s Girls Secondary School gibt es genug Computer und Laptops, sodass jede Schülerin einer Klasse alleine arbeiten kann. Das bedeutet, einen Moment im straffen Schulalltag an einem ganz eigenen Arbeitsplatz zu haben, fern von Klassenzimmer und Schulbank.

Er kann bedeuten, Gefühle auszudrücken.
Zeit am Computer heißt Zeit mit Word verbringen und Dokumente mit eigenen kreativen Texten, Formen und Farben zu erstellen.

Er kann bedeuten, „up to date“ mit dem Rest der Welt zu sein. Der Umgang mit dem PC ist fast überall auf der Welt nötig. Tippen, Tabellen erstellen, surfen. Skills, die überall auf der Welt immer wichtiger werden.

Er kann bedeuten, sich mit anderen austauschen zu können. Durch den lokalen Server, die Digital Library, können die Schülerinnen an der St. Mary’s eigene Ordner erstellen, auf die sie von jedem verbundenem Gerät zugreifen können. In diesen Ordner können auch Mitschülerinnen Dateien senden. Informationen können einfach geteilt werden.

All diese Erfahrungen bekomme ich hier an der St. Mary’s Karonga Girls Secondary School hautnah mit. Ich bin nun seit über 8 Monaten hier in Karonga auf dem Campus der Mädchenschule. Im Rahmen des Weltwärtsprogramms leiste ich dort einen 10-monatigen Freiwilligendienst und tauche dabei tief in das Leben des Mädcheninternats in Malawi ein.

Die Projekte von Next Generation Africa haben all die oben beschriebenen Möglichkeiten an die St. Mary’s gebracht und damit Welten eröffnet. Im wahrsten Sinne des Wortes. Denn mit dem Nachschlagen in Wikipedia beispielsweise eröffnet sich tatsächlich eine Welt. Eine Welt voller Informationen, die einfach zu bekommen und mit anderen zu teilen sind.

Gemeinsam mit meiner Mitfreiwilligen und unseren Kollegen vor Ort, betreuen wir den Computerraum und stehen den Mädchen bei der Nutzung der Computer und Laptops zur Seite. Es ist erstaunlich, wie schnell selbst die Schülerinnen, die zu Beginn des Schuljahres noch nie zuvor einen Computer gesehen hatten, bereits nach einigen Tagen ohne Probleme die Computer bedienen auf die Bildungsinhalte zugreifen konnten und seither Stück für Stück entdecken, was die Nutzung eines Computers für sie bereithält. Die Mädchen lesen dort digitale Schulbücher, schauen sich Videos von Experimenten an und bauen mit Simulationen ihre eigenen Stromkreisläufe. Videos lieben sie natürlich über alles. Als die Schule zusätzlich zu den bereits vorhandenen Computern, 26 Laptops erhalten hat, wurden diese  von den Schülerinnen erstmal gründlich nach Videos durchforstet 🙂 

Sehr beliebt ist auch die Fülle an Informationen auf der offline-Wikipedia. „You can just check on Wikipedia.“ Diesen Rat gibt eine Schülerin einer Kommilitonin auf eine Frage zum aktuellen Unterrichtsstoff. So einfach ist das. Und so genießen die Mädchen es, Antworten auf ihre Fragen zu erhalten. Seien es akademische Fragen oder Fragen des Alltags. Fragen über aktuelle Popstars oder Fragen über das Leben. Es ist schön zu sehen, dass die Mädchen Raum finden, auch solche Fragen fernab von Unterrichtsstoff aufkommen zu lassen. Vor allem auch darin sehe ich einen ganz besonderen Wert der Digital Library.

Die Mädchen lernen einen verantwortungsvollen Umgang mit dem Computer, bei dem sie ihn als Lernhilfe nutzen und als Medium, das sie zu individuellen, charakterstarken Frauen mit eigenen Meinungen macht.